12/10/24

SPIEGELHALLE

JTK 14+

Nice

von Kristo Šagor (Auftragswerk für das Theater Konstanz)

Regie Sergej Gößner Bühne & Kostüme Lukas Fries Musikalische Leitung Valentin Schroeteler Dramaturgie Romana Lautner
Mit Tobias Amoriello, Julius Engelbach
Dauer 1:25 Stunden, keine Pause 

Mark und Malte spielen. Vor allem online. Aber auch im echten Leben: mit ihren Identitäten, Gemütszuständen und ihrem Beziehungsstatus. Im Online-Game, bei dem Mark schon einen Haufen Geld und noch viel mehr Zeit verzockt hat, geht es um Piratenflotten, die versuchen, die Schiffe anderer zu versenken. Der Spieler kann zum König der Flotte aufsteigen und sich in Ruhm und Anerkennung sonnen. Vor allem aber kann er eines: Weglaufen vor dem echten Leben …

Kristo Šagor spielt ebenfalls. Mit Zeiten, Erzählebenen und mit dem Publikum. Was beim Gaming seinen Ausgangspunkt findet, macht einen Umweg über Mental Health und endet bei der Liebe. Wie das geht? Ganz leicht. Wie sich das anfühlt? Ziemlich schwer. Denn einfache Antworten gibt es keine. Aber einen Ausblick. Dass sich Dinge eben immer gemeinsam besser meistern lassen als alleine. Manchmal muss man gehen und manchmal muss man bleiben. Das Leben ist eben kein Spiel. Die eine Taktik gibt es nicht. Aber genau wie im Spiel hat es immer wieder eine Überraschung für uns bereit. Genau wie das Stück.

Termine und Tickets

Hier gilt das Kulturticket

Oktober
Samstag, 12.10.2024 | 20:00 | Tickets (Premiere)
Donnerstag, 17.10.2024 | 10:00 | Schulvorstellung
Freitag, 18.10.2024 | 10:00 | Schulvorstellung
Sonntag, 20.10.2024 | 18:00 | Tickets 
Dienstag, 22.10.2024 | 10:00 | Schulvorstellung
Mittwoch, 23.10.2024 | 10:00 | Schulvorstellung
Donnerstag, 24.10.2024 | 19:30 | Tickets 
Sonntag, 27.10.2024 | 18:00 | Tickets 

November
Freitag, 08.11.2024 | 10:00 | Schulvorstellung
Samstag, 09.11.2024 | 18:00 | Tickets
Dienstag, 12.11.2024 | 10:00 | Schulvorstellung
Donnerstag, 14.11.2024 | 11:00 | Schulvorstellung
Samstag, 16.11.2024 | 18:00 | Tickets (Zum letzten Mal)

Das richtige Leben in der falschen Welt. Autor Kristo Šagor im Gespräch mit der Dramaturgin Romana Lautner

Romana Lautner: Meine erste Frage gilt dem Titel: Wie bist Du auf „Nice“ gekommen?

Kristo Šagor: Ich hatte einfach Lust, einen Ein-Wort-Titel auf Englisch zu machen! Und „nice“ gehört durchaus zu meinem aktiven Wortschatz.

Romana Lautner: Ich mag das Wort „nice“ – auch seinen Klang. Wobei ich behaupten würde, der Titel führt auf die falsche Fährte, weil der Inhalt des Stückes nicht wirklich „nice“ ist.

Kristo Šagor: Es gibt immerhin ein Happy-End! Und mein Stück ist grundsätzlich versöhnlich und optimistisch darin, was menschliches Miteinander anbelangt. Aber ja, die Welt ist nicht „nice“. Als ich versucht habe, den Inhalt in einem Satz zusammen zu fassen, habe ich tatsächlich gesagt: „Das richtige Leben in der falschen Welt.“

Romana Lautner: Immerhin sagst Du nicht wie Adorno „Es gibt kein richtiges Leben im Falschen.“ Insofern hast Du ein wenig Utopie im Stück …

Kristo Šagor: Weil ich daran glaube, dass Dinge gelingen. Mir wurde in meinem Leben vieles geschenkt. Und das nicht nur per Geburt – als gesunder Mensch aus dem globalen Norden, in der friedlichen Hälfte eines furchtbar unfriedlichen Jahrhunderts. Sondern auch durch ganz viele Begegnungen mit Menschen, um die ich mich kümmern darf, die sich um mich kümmern. Ich habe also die Erfahrung, dass Dinge gelingen und dass es „Zugeneigt Sein“ gibt. Aber davon auf die Welt rückschließen kann man nicht, nein.

Romana Lautner: Ich mag das Happy End. Aber ich glaube, dass man, wenn man mitten im Stück ist, eher nicht daran glauben kann.

Kristo Šagor: Ich war beim Schreiben auch überrascht, aber sehr glücklich, als mir der letzte Satz in den Sinn gekommen ist!

Romana Lautner: Nun haben wir uns ja gewünscht, dass Du für das Theater Konstanz ein Stück über „Gaming“ schreibst. Aus dieser Grundidee hast Du aber keineswegs ein geradliniges Stück gemacht. Ab wann hast Du gewusst, dass der Text noch viele Finten schlagen wird, noch viele andere Themen behandeln wird?

Kristo Šagor: Das habe ich sofort gewusst. Sowohl dramaturgisch, als auch inhaltlich. Wenn ich den Auftrag bekomme, über etwas zu schreiben, muss ich immer einen Umweg gehen. Ich brauche einen anderen Zugang. Ich habe mich gefragt: Worüber reden wir, wenn wir über Gaming reden? Was verdrängen wir, wenn wir nicht darüber reden? Wofür kann man das benutzen? Was wäre sinnvoll an diesem Thema festzumachen? Bezogen auf „Gaming“ ist das dann ganz speziell die Frage: Wovor laufe ich weg, wenn ich spiele? Was heißt Spielen in einer Gesellschaft, die sowieso spielesüchtig ist? Und dann war mir recht schnell klar: Ich versuche, so etwas wie einen ernsthaften Kassensturz zu betreiben.

Romana Lautner: Ein weiterer Wunsch von Theaterseite war: Bitte nicht moralisch werden!

Kristo Šagor: Das mache ich sowieso nie. Das wäre ja todlangweilig!

Romana Lautner: Ausgesprochen unmoralisch ist das Stück aber auch nicht geworden. Sucht zum Beispiel kommt nicht wirklich gut weg.

Kristo Šagor: Warum auch? Trotzdem kommt im Stück der Satz vor: „Jede Sucht ist ein misslungener Selbstheilungsversuch.“ Etwas Schöneres kann man über Sucht vermutlich kaum sagen! Gut, er enthält das Wort „misslungen“, aber auch das Wort „Heilung“.

Romana Lautner: Wir wollen nicht zu viel verraten. Aber es gibt viele Möglichkeiten, zu beschreiben worum es im Stück geht. Sergej Gößner, der Regisseur, spricht gerne von „Eskapismus“, wenn er das Stück schnell und prägnant zusammenfassen soll. Ich würde vielleicht als erstes „Liebe“ sagen.

Kristo Šagor: Richtig ist beides. Aber eben jeweils nur für einen Teil des Stückes.

Romana Lautner: Es gibt im Stück das schöne Wort „zugetan“. Und natürlich ist es klar, dass Du absichtlich nicht das Wort „Liebe“ verwendest“ – aber warum? Ist es Dir zu abgedroschen oder zu wenig stark?

Kristo Šagor: Das Wort „Liebe“ kommt in allen meinen bisherigen Stücken wirklich oft vor, ich benutze es auch privat jeden Tag, mehrfach. Es war keine bewusste Entscheidung, es in „Nice“ nicht zu verwenden. Der Begriff des „Zugetan Seins“ ist für mich größer als der Liebesbegriff, weil letzterer so überbordet ist mit Projektion, Konzepten, kitschigen Vorstellungen und verlogenen Enden. Diesen Resonanzraum bringt die Liebe mit und zum Beispiel auch eine Milliarde Songs, die eigentlich alle nur Kommerzscheiße sind. Im Gegenzug dazu ist das „Zugetan Sein“ wirklich ein ganz ernstgemeinter Move, der so, wie er im Text benutzt wird, auch etwas Antikapitalistisches enthält. Es geht nicht darum, dass ich Dich als Mittel benutze, sondern zu sagen, es gibt zwischen uns wirklich Schwingungen, eine wirkliche Verbindung. „Zugetan Sein“ in diesem Sinne bedeutet, dass ich mich hier und jetzt dafür entscheide, auf Dich zu schauen. Und wenn Du dann sagst: Ich bin traurig. Dann sag ich: Warum. Genau genommen ist es also ein Post-Liebesbegriff. „Zugetan Sein“ ist das, was übrigbleibt. Wir gehen gemeinsam durch die Welt. Und ich bin da, wenn Du Angst hast …

Romana Lautner: Zum Abschluss habe ich noch eine ganz wichtige Frage: Was sollen eigentlich die Kakerlaken im Stück?

Kristo Šagor: Die sollen Spaß machen! So einfach ist das.

Pressestimmen

„Nice“ verbindet die Geschichten von Mark und Malte aus Berlin-Lichtenberg mit tiefen philosophischen Fragestellungen über Tod und den Sinn des Lebens. Šagor hat da am Ende eine wunderbare Botschaft: „Die Liebe siegt. Immer.“ Das führt „Nice“ auf allen Ebenen vor.

Manfred Jahnke, Die Deutsche Bühne


In Kristo Šagors Stück „Nice“ geht es erklärtermaßen um Gaming, man könnte es aber auch verstehen als Porträt zweier junger Menschen in Zeiten rapide schwindender Verlässlichkeit. (…) Es berauscht sich nicht an düsteren Weltaussichten, sondern besteht zu Recht darauf, dass vieles gelingt im Miteinander der Menschen. (…) Das Leben – ein Balanceakt zwischen Spielen und Vertrauen. In den gelungenen Momenten setzt die Inszenierung den Titel „Nice“ bestens um. Richtig nice wird es, wenn Tobias Amoriello ans Mikro geht und Songs von Valentin Schroeteler interpretiert.

Maria Schorpp, Südkurier


Die beiden Schauspieler Tobias Amoriello und Julius Engelbach, die Mark und Malte darstellen, hangeln sich in ihren Neontrainingsanzügen in einem großen Metallkubus auf der Bühne von einer Ebene zur anderen (Bühnenbild und Kostüm: Lukas Fries). Es ist eine artistische und sportliche Leistung, wie sie sich darin bewegen und gleichzeitig die emotionalen Höhen und Tiefen mitnehmen, ohne komplett in düstere Stimmungen zu verfallen. Im Gegenteil: Das Stück lebt von viel Witz und Ironie, das Publikum ist bestens unterhalten. Auch wenn es viel um Selbstzweifel geht, innere Unzulänglichkeit und das Gefühl, nicht gut zu sein, heben absurde Momente wie die Vorstellung eines Kakerlakenimperiums sich immer wieder von der Tiefe der Thematik ab (Dramaturgie: Romana Lautner). Regie führt Sergej Gößner, der mit seinem Stück „Der fabelhafte Die“ bereits am Theater Konstanz zu sehen war. Damals führte Šagor Regie – es ist also ein Rollentausch, den die beiden hier in ihrer Funktion als Autor und Regisseur vollführen. (… ) Wenn Tobias Amoriello alleine am Keyboard „Hide and Seek“ von Imogen Heep performt, dann ist es ähnlich anrührend wie Kim de L’Horizons Gesang bei der Verleihung des Deutschen Buchpreises. An dieser Stelle wird klar, dass die Musik als mögliche Rettung infrage kommt und die Kunst eine Möglichkeit sein kann, um den Endgegner Alltag zu bewältigen.

Veronika Fischer, karla

Audioeinführung von Dramaturgin Romana Lautner

Content Note

Das Team des Theater Konstanz setzt immer wieder einen Schwerpunkt auf aktuelle Stoffe und Stücke zeitgenössischer Autor*innen. Das Verhandeln von gesellschaftlichen Konflikten ist uns wichtig und kann erlebbar machen, dass und wie unsere Wirklichkeit gemacht, hergestellt – und deswegen auch veränderbar ist. Diese Auseinandersetzung mit konfliktreichen Themen auf einer sinnlichen, gespielten Ebene kann und möchte bewegen.

Je nach persönlicher Sensibilisierung können solche Auseinandersetzungen als (zu) schmerzhaft empfunden werden. Im Sinne einer transparenten Kommunikation und im Bewusstsein darüber, dass Stückinhalte aufgrund von individuellen Erfahrungen verschieden erlebt werden, gibt es hier zusätzliche Informationen über Inhalte, die wir als sensibel einstufen. Diese Hinweise zu sensiblen Inhalten – auch Content Notes – weisen darauf hin, dass bestimmte Themen auf der Bühne verhandelt werden, die starke Reaktionen auslösen können. Ein Kritikpunkt an Content Notes ist, dass sie Teile der Inszenierung vorwegnehmen können. Im Sinne einer selbstbestimmten Entscheidung wird es im Folgenden jeder und jedem Einzelnen überlassen, die inhaltlichen Hinweise zu lesen oder nicht.

Nice Content Note:
 
Die Inszenierung thematisiert Suchtverhalten (Spiel- und Cannabis-Sucht) und psychische Erkrankungen (Psychose).

Rund ums Stück

Preview für Pädagog*innen
Donnerstag, 10.10.2024 | 18:30 | Spiegelhalle
Eintritt frei, Anmeldung erforderlich via: junges-theater@konstanz.de

Einführungen durch die Dramaturgin
Sonntag, 20.10.2024 | 17:30 Einführung im Foyer Spiegelhalle
Donnerstag, 24.10.2024 |19:00 Einführung im Foyer Spiegelhalle
Samstag, 09.11.2024 | 17:30 Einführung im Foyer Spiegelhalle
Samstag, 16.11.2024 | 17:30 Einführung im Foyer Spiegelhalle

Nachgespräch im Anschluss an die Vorstellung
Donnerstag. 19.10.2024 | Spiegelhalle
Freitag, 18.10.2024 | Spiegelhalle
Dienstag, 22.10.2024 | Spiegelhalle
Mittwoch, 23.10.2024 | Spiegelhalle

pro.log | eine Veranstaltung der Theaterfreunde Konstanz e.V.
Sonntag, 20.10.2024 | 11:00 im Foyer Stadttheater (nur Tageskasse vor Ort)
Weitere Infos zum pro.log finden Sie hier

Theater Konstanz
© Milena Schilling
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