Šagor verhebt sich nicht am ungeheuerlichen Sagenstoff – vielleicht auch deshalb, weil er auf kausale Neuinterpretationen verzichtet. Er interessiert sich vor allem dafür, wie etwas spielbar bleibt. Mit einfachsten Requisiten werden fabelhafte Situationen angedeutet, entstehen Drachen, lässt sich Unsichtbarkeit imaginieren.
…Bineta Hansen als Kriemhild und Johanna Link in der Rolle der Brunhild wirken nicht nur gedanklich weiter, als ihre Rollen es zulassen. Ihr dominantes und herausragendes Spiel sorgt auf der Bühne für Gleichberechtigung.
Bodo Blitz, Theater der Zeit, November 2020
Kristo Šagor braucht für diese sagenhaft menschliche und grausame Geschichte weder Schwert noch Theaterblut, keinen Drachen, keine Kronen oder Heldenattribute. Nur starke und in ihren Sätzen überaus präsente Darsteller, die mal in die Figuren hineingehen, dann wieder einen Schritt neben sich machen.
Bettina Kugler, St.Galler Tagblatt, 6.10.2020
Das auf sechs wichtige Personen reduzierte Personal erzählt, reflektiert und spielt. Mit sehr sinnlichem, körperbetontem Spiel zeigen sie, dass echte Literatur immer wesentliche Fragen anspricht.
Gelungen ist die Balance von Witz, Poesie und Nachdenklichkeit. Eine Inszenierung, die viele Altersschichten anspricht, ein gelungenes Familienstück, ein prächtiger Einstand für Kristo Šagor als Leiter des Jungen Theaters, Autor und Regisseur in Personalunion.
Helmut Voith, Schwäbische Zeitung, 12.10.2020
„Nibelungenleader“ klopft es auf seine Wertigkeit für heutige Menschen ab. Kristo Šagor, Autor und Regisseur des Auftragswerks für das Theater Konstanz, findet mit seinem Ensemble etliche Anknüpfungspunkte, noch einmal neu über das Ganze nachzudenken.
…Die Inszenierung ist jugendaffin, hat Witz und Dynamik und impft diesen mythenschweren Stoff mit Leichtigkeit.
… Kristo Šagor hat sich dreifach bestens eingeführt: als neuer Leiter des Jungen Theaters Konstanz, als Autor des Stücks für Menschen 13 plus und vor allem als Regisseur, der das Potential eines großartigen Ensembles auszuschöpfen weiß.
Maria Schorpp, Südkurier, 6.10.2020
Diese Inszenierung fordert von ihrem Publikum in jeder Sekunde Aufmerksamkeit, gedankliche Mitarbeit. Da sind sechs Schauspielerinnen und Schauspieler auf der Bühne, die zwar miteinander interagieren, aber im Gestus eines gemeinsamen Erzählens.
…Die Welt der Nibelungen ist von heute aus betrachtet eine Macho-Welt. Braucht es heute Mut, einen Macho darzustellen? Das Gehabe von Ioachim-Willhelm Zarculea als Gunther wird nur noch übertrumpft von Thomas Fritz Jung als Etzel. Beide, röhrend jovial, schaffen eine freundliche Aura um sich, die ganz schnell in todbringende Handlungen umschlagen können. Selten so gut hat man in Konstanz Jonas Pätzold als Hagen gesehen, eine Figur, die sich aus allem herauszuhalten scheint und doch im entscheidenden Moment zupackt. In seiner Darstellung wird deutlich, Siegfried muss einfach sterben, weil er in Kriemhild verliebt ist. Das gibt der Rolle eine gewisse Verbissenheit, die Pätzold ausspielt. Julian Mantaj spielt hingegen den naiven Wonnebrocken Siegfried, nicht ungebrochen, aber doch schicksalsergeben. Bineta Hansen zeigt Kriemhild ganz gegen das Rollenklischee: Da agiert keine Verhärmte, sondern eine durchaus Lebensfrohe mit hoher Selbstbeherrschung, eine emanzipierte Frau, die weiß, wie kleine Tricks eine von Männern regierte Gesellschaft ins Wanken bringen. Johanna Link als Brünhild ist umwerfend, sie ist einfach nur da, aber wie! Zeigt keine Spuren von ihrem Opferdasein, führt einfach ihre Würde als Frau vor.
… weil der Sprechrhythmus so ausgefeilt ist, dass selbst dort, wo sich in die Sprache des Mythos der Slang eines Jugendspeaks mischt, die musikalischen Strukturen des Textes durchscheinen. Ein gelungener Abend zu Beginn der neuen Intendanz von Karin Becker in Konstanz – es ist die dritte gelungene Premiere in Folge.
Manfred Jahnke, Die deutsche Bühne Online, 4.10.2020