25/05/24

SPIEGELHALLE | URAUFFÜHRUNG

ABO

Das Bildnis nach Motiven des Dorian Gray

von Hannes Weiler, sehr frei nach Oscar Wilde

Regie & Video Hannes Weiler Bühne & Kostüme Florian Dietrich Video Hannes Weiler Dramaturgie Meike Sasse
Mit Patrick O. Beck, Sarah Siri Lee König, Anne Rohde
Dauer 1:40 Stunden, keine Pause

„Sag mal, habt ihr ‘ne Ahnung, wo wir hier reingeraten sind?“ – Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Die Szenerie ist schummrig und nicht konkret verortbar. So viel scheint aber klar: Der assoziative Text von Hannes Weiler kümmert sich nicht um die Narration, nicht um eine lineare Erzählung der Geschichte des Dorian Gray. Die drei Personen auf der Bühne sind auf der Suche, irgendwas oder irgendwem auf der Spur. Sie verheddern sich in den Feeds ihrer Timeline, werden hin- und hergeworfen zwischen Selbst- und Fremdspiegelungen, Reflexionen, Selbstfürsorge und Magic Mystery Surprise Box.

In „Das Bildnis des Dorian Gray“ übernimmt ein Porträt auf wundersame Weise den Alterungsprozess des Portraitierten, der selbst ewig jung zu bleiben scheint. Das Bild ist Schatten, Kehrseite, Fratze der Persönlichkeit des Modells, das sich äußerlich unberührt durch die Gesellschaft bewegt. So spielt Oscar Wilde in seinem einzigen Roman eindrucksvoll ein Leben im narzisstischen Jugendwahn durch und erzählt vom Identitätsverlust in oberflächlicher Sinn- und Glückssuche.

„Das Bildnis nach Motiven des Dorian Gray“ befragt die Konsistenz der Persönlichkeit. Authentisch-Sein ist wichtig – es geht darum, echt, ursprünglich und unverfälscht zu sein. Hannes Weiler verwebt Motive, Sätze und Figuren des Romans mit Aspekten und Phänomenen unserer heutigen Welt. Selbstinszenierung ist auch etwas Feines, im analogen wie im digitalen Raum. Was hat es mit der sogenannten Authentizität des Individuums auf sich? Wie wirken die Mechanismen der Selbstdarstellung zum Beispiel in Sozialen Medien auf die Persönlichkeiten der Darstellenden zurück?

Termine und Tickets

Mai
Samstag, 25.05.2024 | 20:00 Uhr | Premiere | Tickets | Hier gilt das Kulturticket
Sonntag, 26.05.2024 | 20:00 Uhr | Tickets | Hier gilt das Kulturticket
Dienstag, 28.05.2024 | 20:00 Uhr | Tickets | Hier gilt das Kulturticket
Mittwoch, 29.05.2024 | 15:00 Uhr | Tickets | Hier gilt das Kulturticket
Freitag, 31.05.2024 | 19:30 Uhr | Tickets | Hier gilt das Kulturticket
 
Juni
Samstag, 01.06.2024 | 20:00 Uhr | Tickets | Hier gilt das Kulturticket
Sonntag, 02.06.2024 | 18:00 Uhr | Tickets | Hier gilt das Kulturticket
Dienstag, 04.06.2024 | 19:30 Uhr | Tickets | Hier gilt das Kulturticket
Donnerstag, 06.06.2024 | 20:00 Uhr | Tickets | Hier gilt das Kulturticket
Freitag, 07.06.2024 | 19:30 Uhr | Tickets | Hier gilt das Kulturticket
Samstag, 08.06.2024 | 20:00 Uhr | Tickets | Hier gilt das Kulturticket
Mittwoch, 12.06.2024 | 20:00 Uhr | Tickets | Hier gilt das Kulturticket
Donnerstag, 13.06.2024 | 19:30 Uhr | Tickets | Hier gilt das Kulturticket
Freitag, 14.06.2024 | 19:30 Uhr | Tickets | Hier gilt das Kulturticket
Samstag, 15.06.2024 | 20:00 Uhr | Tickets | Hier gilt das Kulturticket

Pressestimmen

Die digitalisierten Welten machen längst mit Fingertipp möglich, wozu in der vorletzten Jahrhundertwende noch ein skandalumwitterter literarischer Kraftakt nötig war. Klar als Oscar Wilde sein "Bildnis des Dorian Gray" auf den Markt brachte, steckte ihn eine noch absolut homophobe Gesellschaft in den Knast, obwohl dieser Traum vom "forever young" damals wie heute virulent ist, um das mal in aktuelle Dimensionen zu stellen. Das muss sich auch Theatermacher Hannes Weiler gedacht haben, der die Sage des Dorian Gray hier als Parforceritt durch die "Feeds" - mit einer genial gewählten Konstellation von Sarah Siri Lee KönigAnne Rohde und Patrick O. Beck auf der Bühne, Meike Sasse als Dramaturgin hinter der Bühne sowie Florian Dietrich als Schöpfer von Bühne und Kostüm sozusagen an der Bühne - am Samstag zur Uraufführung brachte.

…Immer wieder muss man sich fragen, in welchem Feed das Trio gerade ist, ob es nun als Avatar oder als sich selbst agiert. Die Frage nach Identität, nach Authentizität, nach realer Präsenz stellt sich durch das ganze Stück ständig und im Publikum kann man diese Suche immer wieder erkennen: Wer ist das gerade auf der Bühne.

… gerade einem jüngeren Publikum könnte dieser "Feed" die Augen öffnen für den ewigen Traum von "Forever Young". "Wir waren nur ein Nebel der anderen, im Nebel der anderen". Oder: "Wir waren nicht die Spieler, sondern dessen Zuschauer!" Verstanden?

Oliver Fiedler, Singener Wochenblatt, 28.5.24



Regisseur Hannes Weiler hat sich des Stoffes von Wilde bedient und mit „Das Bildnis nach Motiven des Dorian Gray“ ein bemerkenswertes Potpourri inszeniert, voller Witz und Zweideutigkeiten, voller Tempo und manchmal bis ins Abstruse hineingleitender Ironie. 

… Die drei Akteure des Spektakels, Patrick O. Beck, Sarah Siri Lee König und Anne Rohde ackern sich großartig durch den Text, sie spielen, als ob es kein heute und morgen gäbe, sie rennen geradezu durch den Plot, suchen nach ihrer Identität und finden sich trefflichst im Verrücktsein.

…Dazu hat Florian Dietrich ein beeindruckendes Bühnenbild geschaffen, eine überdimensionale Hand aus Stoff umklammert ein riesiges Smartphone, dahinter schlängelt sich eine lange Schnur bis hin zu wild wuchernden Kabeln.

…Die drei Akteure sehen sich selbst wie in einer Art Spiegel, Schatten gleich. Das ist sehr gut gemacht, das Spiel mit Fiktion und Täuschung funktioniert.

Johannes Fröhlich, Südkurier, 28.5.24


Audio-Einführung zum Stück

Rund ums Stück

Interview mit Hannes Weiler

Auszüge aus einem Interview mit dem Magazin Akzent (erschienen Mai 2024, Fragen von Stefanie Göttlich). Das gesamte Interview finden Sie hier.

SIND WIR NOCH ECHT?

Hannes Weiler, der hier zuletzt sehr erfolgreich mit „Quijote“ überzeugte, inszeniert am Theater Konstanz „Das Bildnis nach Motiven des Dorian Gray“. Die Uraufführung findet am 25. Mai in der Spiegelhalle statt.
In Oscar Wildes Original besitzt Dorian Gray ein Porträt, das statt seiner altert, während sein Äußeres jung und makellos schön bleibt. Hannes Weiler und sein Team befragen den Klassiker der Weltliteratur auf neue Perspektiven und übersetzen ihn in die heutige Zeit. Das Publikum kann sich auf einen höchst unterhaltsamen Abend mit einer lebendigen und sicherlich erkenntnisreichen Auseinandersetzung freuen.

akzent: Sind die Konflikte, die Dorian Gray durchlebt, heute noch aktuell?
Hannes Weiler: Es gibt Konflikte im Roman, mit denen ich viel anfangen kann und die ich auch um mich herum sehe, beispielsweise der Konflikt zwischen gesellschaftlicher Anpassung und Individualismus. Dorian lebt wie wir in einer Gesellschaft und in einer Bubble, die werteorientiert funktioniert, mit großen Geboten und Verboten und vielen kleinen und kleinsten Regeln, Konventionen, Aufforderungen, Trends, die sich bis ins kleinste Private ziehen. Dorian Gray gerät an eine Figur, die all das zur Disposition und ihm eine Art Hyperindividualismus-Theorie zur Verfügung stellt: „Sei wer du bist, du selbst bist dein ganzes Kapital, lebe dich aus, nimm, was dir Spaß macht, und nimm keine Rücksicht auf Verluste.“ Also mal ganz vereinfacht gesprochen.
Für Dorian würde wahrscheinlich alles gut laufen, wenn er seine Theorie tatsächlich verinnerlicht hätte. Aber wenn er eine „Sünde“ begeht und tagsüber sagt: „Sünde ist keine Sünde“, dann kommt sie nachts eben doch durch die Hintertür und raubt ihm den Schlaf. Die Frage ist, wie weit kann ich mich entfernen von gemeinsamen Vereinbarungen, ohne selbst ein Problem mit mir zu bekommen? Da
steckt natürlich super viel Selbstbezüglichkeit drin.

akzent: Selbstinszenierung gerade in den sozialen Medien ist ein großes Thema. Ein Wunsch-Ebenbild ist heute mithilfe von Bildbearbeitungsprogrammen schnell erstellt. Wie echt sind wir noch?
Hannes Weiler: Ja, das ist eine schöne Frage, keine Ahnung. Ich glaube nicht, dass ich echter oder unechter geworden bin in den letzten Jahren. Es gibt sicher mehr Möglichkeiten, sich vielfältiger aufzustellen. Online gibt’s schöne Gelegenheiten, analog lässt sich auch einiges machen. Ich habe den Eindruck, es ist spielerischer geworden. Ich kann in unterschiedlichsten Kontexten Personas kreieren, die mit der Person, von der ich denke, sie sei vielleicht meine, mehr oder weniger zu tun haben.
Ich glaube, wir inszenieren uns schon immer permanent selbst und performen das, was wir denken zu sein, mit einem Schluck von dem, was wir wünschen zu sein und einer Portion von dem, was andere in uns sehen sollen, wenn sie uns sehen.

Das Bildnis nach Motiven des Dorian Gray
© Ilja Mess
Das Bildnis nach Motiven des Dorian Gray
© Ilja Mess
Das Bildnis nach Motiven des Dorian Gray
© Ilja Mess
Das Bildnis nach Motiven des Dorian Gray
© Ilja Mess
Das Bildnis nach Motiven des Dorian Gray
© Ilja Mess
Das Bildnis nach Motiven des Dorian Gray
© Ilja Mess
Das Bildnis nach Motiven des Dorian Gray
© Ilja Mess
Das Bildnis nach Motiven des Dorian Gray
© Ilja Mess