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28/11/25

STADTTHEATER

ABO

Vater (Le Père)

von Florian Zeller
Deutsch von Annette und Paul Bäcker

Regie Mia Constantine Bühne & Kostüme Johann Brigitte Schima Musik Jan Roth 
Dramaturgie Annika Hilger
Mit Odo Jergitsch, Sylvana Schneider, Jonas Pätzold, Maria Lehberg, Ingo Biermann, Anna Lisa Grebe
Dauer ca. 1:30 Stunden, keine Pause

Spannender Psychothriller, anrührendes Porträt eines an Alzheimer Erkrankten und Psychogramm einer schwierigen Vater­TochterKonstellation – Florian Zeller lässt uns eintauchen in die Welt des Witwers André.

Dem pensionierten Witwer André ist es vollkommen unverständlich, warum seine Tochter Anne ihm unbedingt eine Pflegerin aufschwatzen will. Noch hat er schließlich ein Gedächtnis wie ein Elefant und kommt fabelhaft alleine zurecht. Er wäre doch der Erste, der um Hilfe bitten würde, sollte er tatsächlich in Schwierigkeiten sein. Da eröffnet ihm seine Tochter aus heiterem Himmel, dass sie nach London zu ihrer Liebe ziehen will. Und wer bitte ist dann der Mann, der immer mal wieder in seiner Wohnung auftaucht? „Irgendetwas Seltsames passiert. Als hätte ich kleine Löcher. Im Gedächtnis. Kriegt keiner mit. Winzig klein. Mit bloßem Auge nicht zu sehen. Aber ich, ich spüre es …“

Der französische Autor Florian Zeller erzählt von den Ängsten und der Verzweiflung eines an Demenz erkrankten Menschen – nicht linear, sondern in einer Abfolge raffiniert verschachtelter Szenen. Er lädt uns ein, den Prozess des Vergessens und Hinübergleitens in ein anderes Leben unmittelbar aus der Perspektive eines Betroffenen zu erleben. Ein mutiges Stück, das sich einfühlsam und eindringlich dieses Themas annimmt und uns zum Perspektivwechsel einlädt. Am Theater Konstanz werden Regisseurin Mia Constantine und Ausstatter*in Johann Brigitte Schima die emotionalen und psychosozialen Dimensionen der Geschichte ausloten.

Mit freundlicher Unterstützung der Theaterfreunde Konstanz e.V.

Mit freundlicher Unterstützung der Crescere-Stiftung 

Termine und Tickets

November
Freitag, 28.11.2025 (Premiere) | 20 Uhr | Tickets
Sonntag, 30.11.2025 | 18 Uhr | Tickets

Dezember
Mittwoch, 03.12.2025 | 15 Uhr | Tickets
Freitag, 05.12.2025 | 19:30 Uhr | Tickets
Dienstag, 09.12.2025 | 20 Uhr | Tickets
Mittwoch, 10.12.2025 | 20 Uhr | Tickets
Samstag, 13.12.2025 | 20 Uhr | Tickets
Donnerstag, 18.12.2025 | 20 Uhr | Tickets
Freitag, 26.12.2025 | 20 Uhr | Tickets

Januar
Donnerstag, 08.01.2026 | 19:30 Uhr | Tickets
Freitag, 09.01.2026 | 19:30 Uhr | Tickets
Samstag, 10.01.2026 | 20 Uhr | Tickets




Hier gilt das Kulturticket

Pressestimmen

"Mit seinem Stück verlangt Zeller seinem Hauptdarsteller viel ab. Damit ein dementer Vater zur Identifikationsfigur taugt, muss er in aller zwangsläufigen Komik seine Würde bewahren. Odo Jergitsch zeigt uns einen Mann auf der Suche nach Orientierung statt nach seinem Verstand. Einen Menschen, der bei aller Verwirrung niemals tatterig wirkt. Der einfach nur das Pech hat, dass er vorzeitig „seine Blätter von den Ästen verliert“, wie er am Ende mit erschütternder Selbsterkenntnis stammelt. Ein großer Auftritt. Auch sonst überzeugt das Ensemble auf ganzer Linie, eindrucksvoll die nervenzerreißende Spannung zwischen den beiden Anne-Versionen (Sylvana Schneider und Anna Lisa Grebe) einerseits sowie deren jeweiligem Partner (Ingo Biermann und Jonas Pätzold) andererseits. (...) Wer mit dem Phänomen der Demenz in Berührung kommt - also: jeder -, sollte einen Besuch von „Vater (Le Père)“ nicht versäumen."
Johannes Bruggaier, Südkurier

"Ein wahrlich mutiges Theaterstück, das sich einfühlsam und eindringlich dieses Themas annimmt und das Publikum zum Perspektivwechsel einlädt. (...) Zum Leben erweckt wird dies in der Inszenierung von Mia Constantine nicht nur durch das raffinierte Spiel mit dem Bühnenbild von Johann Brigitte Schima sowie der Lichtsetzung, sondern auch die eindringliche wie tiefgehende Darstellung von Odo Jergitsch als André."
Philipp Findling, Singener Wochenblatt

"Odo Jer­gitsch ge­lingt ein atem­be­rau­ben­der Haupt­cha­rak­ter, der zwi­schen cho­le­ri­schem Pa­tri­ar­chen und zar­tem Kind chan­giert. (...) Die The­ma­tik be­rührt ver­schie­de­ne Ge­ne­ra­tio­nen auf un­ter­schied­li­che Wei­se. Je nach ei­ge­ner Le­bens­si­tua­ti­on iden­ti­fi­ziert man sich mehr mit der Toch­ter- oder der Va­ter-Ebe­ne, doch dem Stück un­ter der Re­gie von Mia Con­stan­ti­ne und der Dra­ma­tur­gie von An­ni­ka Hil­ger ge­lingt es, bei­de mit­ein­an­der zu ver­bin­den und je­de Per­spek­ti­ve für sich zu er­zäh­len. Und so bleibt man nach ei­nem herz­zer­reißend be­rüh­ren­den En­de mit der Fra­ge zu­rück: Kann ich mich auf mei­ne Wahr­neh­mung wirk­lich ver­las­sen? Und wann fängt es an, dass ich selbst ein we­nig ver-rückt wer­de? (...) Und was bleibt von mir, wenn mei­ne Er­in­ne­rung geht? Viel­leicht er­hält man in die­sem Stück ei­ne ers­te Ah­nung da­von, wie fra­gil die ei­ge­ne Wirk­lich­keit wirk­lich ist."
Veronika Fischer, Saiten

Audioeinführung von Annika Hilger, Dramaturgie

Rund ums Stück

pro.log Vater (Le Père)
Eine Veranstaltung der Theaterfreunde Konstanz e.V. mit der Anglistin, Ägyptologin und Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Aleida Assmann und Dramaturg*in Annika Hilger

Die Reihe pro.log gibt Einblicke in die Entstehung und Hintergründe eines Stückes, in die Gestaltung der Figuren und in aktuelle Bezüge. Der pro.log richtet sich an alle, die an der Aufführung interessiert sind - unabhängig davon, ob man sie schon gesehen hat oder noch besuchen will. Im Anschluss ist das Publikum herzlich zur Diskussion eingeladen.

Tageskasse vor Ort, 3 bis 5 €, frei für alle in Ausbildung
07.12.2025, 11 Uhr, Foyer Spiegelhalle

Gedankensprünge: Das Produktionsteam im Gespräch mit Dramaturg*in Annika Hilger

Annika Hilger: „Vater“ erzählt das Erleben einer Demenz aus der Sicht des Betroffenen. Was interessiert Euch an diesem Stück?

Johann Brigitte Schima: Als Mia und mir „Vater (Le Père)“ vorgeschlagen wurde, wollten wir das Stück unbedingt machen. Für uns, und ich glaube auch für jede*n im Publikum, erinnern bestimmte Momente im Stück an eigene Erfahrungen. Dieses Wiedererkennen hat mich überzeugt. Es führt dazu, anders darüber nachzudenken oder mit anderen sprechen zu können über Dinge, die sonst eher ungesagt bleiben, weil sie angsteinflößend, unangenehm oder unpassend komisch sind.

Ingo Biermann: Mich interessiert das Leben aus der Sicht des Demenzkranken. Aber mir gefällt auch, dass die Geschichte trotz der Thematik mit vielen humoristischen Situationen gespickt ist und so etwas Leichtigkeit in der Schwere des Stückes Platz finden darf.

Anna Lisa Grebe: Ja, das gesamte Stück birgt eine ganz besondere Form der Komik. Humor ist für mich immer ein sehr intensives und schönes Mittel, sich mit Themen zu beschäftigen, die viel Schwere in sich tragen. Was mich als Spielerin an dem Stück interessiert, ist vor allem die Arbeit in einem durchaus realistischen Bühnenbild, das eine naturalistische Spielweise erfordert, während zugleich eine konstante Verschiebung der Bewusstseinsebenen stattfindet.

Mia Constantine: Mich hat vor allem die Dramaturgie des Textes gepackt: diese konsequente Erzählung aus der Perspektive der Hauptfigur, der Blick aus der „Krankheit heraus“. Wir spüren m it André, was es heißt, langsam sein Gedächtnis und seine Erinnerung zu verlieren. Durch gekonnte Zeitsprünge verlieren wir das Gefühl für Zeit und Ort. Diese daraus entstehende Spannung hat mein Interesse für den Text geweckt.

Annika Hilger: Was hat „Vater“ für Euch mit unserer „Klasse Gesellschaft“ zu tun?

Jonas Pätzold: Ich glaube, fast jede*r von uns kennt inzwischen Menschen, die betroffen sind – und es werden in unserer alternden Gesellschaft eher noch mehr werden. Deshalb halte ich es für so bedeutsam , das Thema auf die Bühne zu bringen. Menschen mit Demenz sind oft weniger sichtbar. Umso wichtiger ist es, ihre Realität auf der Bühne zu zeigen.

Mia Constantine: Das Stück kann eine Debatte über den Umgang mit pflegebedürftigen Angehörigen eröffnen. Wie wollen wir mit nahestehenden Familienmitgliedern umgehen, die unsere Hilfe benötigen? Welche Rolle spielt die finanzielle Situation in Bezug auf Pflege? Welche Unterstützung bekommen wir und wie schaffen wir Räume für Austausch?

Maria Lehberg: Jedes Jahr erkranken immer mehr Menschen an Demenz und ältere Menschen werden oft nicht gehört oder sogar abgewertet. Ob man Unterstützung bekommt, hängt stark vom Einkommen und vom eigenen Netzwerk ab. Das Thema Demenz betrifft immer mehr Menschen, als man anfangs denkt, wie zum Beispiel die Angehörigen oder Menschen in Pflegeberufen.

Johann Brigitte Schima: Selbst in der finanziell anscheinend sorgenfreien Situation, in der sich André und Anne befinden, ist es nicht leicht, eine Pflege zu organisieren. Der Umzug in ein Pflegeheim bedeutet Desorientierung für den Patienten und geht mit dem schlechten Gewissen der Tochter einher. Wie wir als Gesellschaft, im Familienverband und als Individuen mit dem beinahe unvermeidbaren Verlust von Selbstständigkeit, Handlungsfähigkeit und Macht im Alter umgehen wollen und können, wird in unserer Gesellschaft erstaunlich wenig diskutiert. Dabei wird es uns doch wirklich alle betreffen.

Anna Lisa Grebe: André versucht an einer Autorität oder Vorstellung von Ordnung festzuhalten, die einfach nicht mehr funktioniert. So wird aufs Genaueste gezeichnet, wie leistungsgeprägt unsere Gesellschaft ist. Das Stück zeigt auf, wie schnell Menschen aus der Gesellschaft fallen, wenn das Leben andere Pläne hat und sie nicht mehr so funktionieren, wie erwartet.

Johann Brigitte Schima: Diese Patriarchen, die ihr Erwerbsleben lang glauben, selbständig zu sein, weil sie nie bemerken, wie viel Arbeit und Organisation für sie erledigt wird. Und plötzlich können sie ihren Teil des patriarchalen Gesellschaftsvertrags nicht mehr erfüllen und die Abhängigkeit von anderen fällt ihnen schlagartig auf und auf die Füße. Bei allem sich daraus ergebenden tragischen und komischen Potential kann man doch nur schlussfolgern: Ja, das Patriarchat ist für alle Beteiligten Scheiße, früher oder später.

Annika Hilger: Welche (neuen) Fragen habt Ihr Euch während der Arbeit an dem Stück gestellt?

Odo Jergitsch: Was ich mich immer wieder während der Arbeit gefragt habe, ist, wie sehr Demenz mit seelischen Verletzungen verknüpft ist und wie Lebensumstände den Verlauf prägen. Kränkungen können zu Mechanismen des Selbstschutzes werden. Als Schauspieler versuche ich, diese Momente und Strukturen bei André zu finden.

Johann Brigitte Schima: Die Auseinandersetzung mit dem Rätsel- und Wellmade-Play-Charakter des Stücks hat viel Spaß gemacht. Man sucht ständig nach einer logischen Reihenfolge. Doch der Text ist gut genug, dass er das nicht zulässt. Immer verschiebt ein kleines Detail alles.

Sylvana Schneider: Ich habe viel über die Pflegesituation in Deutschland nachgedacht: Wie privilegiert muss man sein, um würdig gepflegt zu werden? Und ich habe mich auch damit beschäftigt, welche Therapie- oder Unterstützungsangebote
es für Angehörige gibt und wie gut diese erreichbar sind.

Mia Constantine: Mir hat sich auch immer wieder die Frage gestellt, wie wir mit der Pflege von nahestehenden Angehörigen umgehen wollen. Welche Formen der Unterstützung gibt es – auch außerhalb des Familienverbands? Und wie sieht ein guter Umgang mit Demenzkranken aus?

Annika Hilger: Welche Herausforderungen und Spielräume ergeben sich aus der Arbeit an der Inszenierung?

Sylvana Schneider: Eine besondere Herausforderung ist die zerstückelte Chronologie. Man spielt die eigene Rolle aus Andrés Perspektive und fragt sich ständig, welche Wahrheit gerade gilt.

Jonas Pätzold: An dieser Inszenierung ist für mich neu, dass es einen zweiten Spieler gibt, der dieselbe Figur verkörpert. Natürlich spielen wir sie unterschiedlich und imitieren uns nicht. Aber es ist schon lustig zu wissen, dass Ingo meine Rolle spielt, während ich nicht da bin und andersherum.

Johann Brigitte Schima: Zum ersten Mal seit langem wieder eine Ausstattung für eine fast realistische Welt zu entwerfen, Kostüme für Figuren, die Leute sind wie wir, aber dann auch wieder nicht, weil es einige von ihnen mehrmals gibt oder sie mehrere Gesichter haben – das hat Spaß gemacht. Genauso wie das Requisiten-Ballett, das einen spielerischen Realismus bedeutet … Raten Sie mal, wie viele Wassergläser an diesem Abend mitspielen.

Mia Constantine: Der Realismus, der sich durch psychologisch-realistische Dialoge herstellt, war für mich eine besondere Herausforderung. Gleichzeitig hat die Szenenfolge keine zeitliche Kontinuität und stellt sich so gegen jede logische Anschlussstelle. Die Aufgabe innerhalb der Szenen war, immer wieder ganz neu anzusetzen und nichts aus den vorigen Szenen mitzunehmen. So entsteht eine merkwürdige Leichtigkeit, die die Figuren wahrhaftig in den Szenen agieren lässt. Durch diese Leichtigkeit haben wir als Zuschauende die Chance, uns wiederzuentdecken und uns in den Figuren zu spiegeln. Und dafür bietet der Text viel Spiegelfläche.

Content Note

Das Team des Theater Konstanz setzt immer wieder einen Schwerpunkt auf aktuelle Stoffe und Stücke zeitgenössischer Autor*innen. Das Verhandeln von gesellschaftlichen Konflikten ist uns wichtig und kann erlebbar machen, dass und wie unsere Wirklichkeit gemacht, hergestellt – und deswegen auch veränderbar ist. Diese Auseinandersetzung mit konfliktreichen Themen auf einer sinnlichen, gespielten Ebene kann und möchte bewegen.

Je nach persönlicher Sensibilisierung können solche Auseinandersetzungen als (zu) schmerzhaft empfunden werden. Im Sinne einer transparenten Kommunikation und im Bewusstsein darüber, dass Stückinhalte aufgrund von individuellen Erfahrungen verschieden erlebt werden, gibt es hier zusätzliche Informationen über Inhalte, die wir als sensibel einstufen. Diese Hinweise zu sensiblen Inhalten – auch Content Notes – weisen darauf hin, dass bestimmte Themen auf der Bühne verhandelt werden, die starke Reaktionen auslösen können. Ein Kritikpunkt an Content Notes ist, dass sie Teile der Inszenierung vorwegnehmen können. Im Sinne einer selbstbestimmten Entscheidung wird es im Folgenden jeder und jedem Einzelnen überlassen, die inhaltlichen Hinweise zu lesen oder nicht.

Vater (Le Père)
Content Note:
 
In der Inszenierung ist das Thema der Demenz und die Auswirkungen auf die Wahrnehmung der Betroffenen und Angehörigen sehr präsent. So kommt in diesem Kontext auch die bildliche Darstellung eines Krankenhauses vor. Darüber hinaus gibt es Momente in denen ableistische Sprache und frauenfeindliche Ausdrücke verwendet werden.

Theater Konstanz
© Ilja Mess
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